Förderverein Gothaer Tivoli e.V.

Der seit 1992 existierende Förderverein Gothaer Tivoli zählt knapp 70 Mitglieder aus ganz Deutschland. Vor allem der ehrenamtlich arbeitende Vorstand hat in den letzten Jahren viel erreicht. So konnte das historische und denkmalgeschützte Tivoligebäude zwischen 1998 und 2004 mit städtischen Haushaltsmitteln saniert werden.

 

Seit 2005 hat der Verein die Nutzung des Gebäudes übernommen und im April 2006 eine kleine, aber feine Dauerausstellung in der Gedenkstätte eingerichtet. Außerdem werden wechselnde Sonderausstellungen gezeigt. Das Gothaer Tivoli steht nun endlich uneingeschränkt für Besucher sowie als Tagungsort und internationale Begegnungsstätte zur Verfügung. Führungen können über die Tourist-Information Gotha oder direkt beim Förderverein beantragt werden. Die Gedenkstätte ist dienstags bis freitags von 10 bis 16 Uhr sowie nach Vereinbarung geöffnet.

Erste Bilder vom "Roten Bock" 2011

Ansprache: Marlies Mikolajczak



Sehr geehrter Christoph Matschie – Stellvertretender Thüringer Ministerpräsident und Landesvorsitzender der SPD in Thüringen,

sehr geehrter Oberbürgermeister Knut Kreuch,

sehr geehrte Violeta Karaivanova, Vertreterin der Bulgarischen Botschaft in Deutschland,

sehr geehrte Landtagsabgeordnete Matthias Hey und Dr. Werner Pidde,

sehr geehrte ehrenamtliche Beigeordnete des Stadtrates Heide Linstädter,

sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Städte und Gemeinden,

sehr geehrte Damen und Herren Stadträte und Mitglieder des Kreistages,

sehr geehrte Geschäftsführer der Gothaer Unternehmen und Banken,

sehr geehrte Direktoren von Schulen, Fachschulen und dem Staatlichen Schulamt,

liebe Mitglieder und Freunde des Fördervereins Gothaer Tivoli,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

liebe Gäste aus nah und fern,

 

und vor allem sehr verehrte Frau Dr. Meglena Plugtschieva,

 

 

im Namen der Mitglieder des Tivoli-Vereins heiße ich Sie herzlich willkommen, herzlich willkommen in Gotha, herzlich willkommen am historischen Ort, an dem sich 1875 zwei Strömungen der deutschen Arbeiterbewegung, die Lassalleaner und die Eisenacher, vereinigten  und so den Grundstein zur Sozialdemokratischen Partei in Deutschland legten.

 

Als in den letzten Maitagen des Jahres 1875   127 Delegierte aus ganz Deutschland hier im historischen Saal zusammentrafen, waren sie sich der schwierigen Aufgabe bewusst, zwei unterschiedliche Strömungen zusammenzuführen.

 

Mit einem Kompromissprogramm – von Marx heftig kritisiert und als „Kritik am Gothaer Programm“ in die Geschichte der Arbeiterbewegung eingegangen -, ist die Vereinigung gelungen und die SPD entwickelte sich im Verlauf der nächsten Jahrzehnte – trotz Repressalien und Rückschläge – zu einer wahren demokratischen Volkspartei, die schwesterlich im Verbund mit den Sozialdemokratischen Parteien Europas wirkte.

 

Heute nun – an dieser historischen Stelle – soll unter ganz anderen gesellschaftlichen und politischen Voraussetzungen, aber in Anknüpfung an die Tradition, nunmehr zum vierten Mal der „Rote Bock“ verliehen werden.

Bisherige Preisträger des „Roten Bock“ waren:

  • 2008 Jiri Paroubek, ehemaliger Ministerpäsident Tschechiens und Vorsitzender der tschechischen Sozialdemokraten
  • 2009 Andres Tarand, engagierter Europapolitiker und ehemaliger Ministerpräsident Estlands und Gründer der sozialdemokratischen Partei seines Heimatlandes
  • 2010 Professor Dr. Egon Bahr, im 20. Jahr der deutschen Einheit, als Architekt der „Ostverträge“ mit dessen Namen das Motto „Wandel durch Annäherung“ untrennbar verbunden ist.

 

Und im Jahr 2011 geht der Preis an Frau Dr. Meglena Plugtschieva, Mitglied der Bulgarischen Nationalversammlung, ehemalige Vizepremierministerin ihres Landes und verdiente ehemalige Botschafterin Bulgariens in Deutschland. Zum ersten Mal wird eine Frau bedacht! Wunderbar! Ganz im Interesse vom großen Sozialdemokraten August Bebel, der hier in Gotha auf dem Parteitag Delegierter war und später sein richtungweisendes Werk zur Gleichberechtigung der Frau „Die Frau und der Sozialismus“ formulierte. 

 

Der Rote Bock ist eine Auszeichnung in Namensanlehnung des großen Sohnes unserer Stadt: Wilhelm Bock

 

Durch sein politisches Wirken war es gelungen, die Sozialdemokratie in Gotha, in Thüringen zu etablieren und er trug maßgeblich an der Vorbereitung und Durchführung des Gothaer Vereinigungskongresses bei, eine logistische und organisatorische Meisterleistung in der damaligen Zeit!

 

Wir Mitglieder des Tivoli-Vereins würdigen das Werk dieses großen Mannes der deutschen Sozialdemokratie im Rahmen der von uns gestalteten Dauerausstellung hier im Tivoli.

 

Unsere Aufgabe sehen wir darin, den historischen Ort mit Ausstellungen, Sonderausstellungen, Diskussionsrunden über gesellschaftliche und politische Themen, aber auch Konzerten, Lesungen und anderen kulturellen Veranstaltungen nicht nur als Erinnerungsort, sondern auch für das Heute und Jetzt lebendig zu halten und zu gestalten und das Haus allen demokratisch gesinnten Menschen zu öffnen.

 

Die jährliche Preisvergabe des „Roten Bock“, initiiert durch unser Vereinsmitglied und Gothaer Oberbürgermeister, Knut Kreuch und im Verbund mit der Bundes- und Landes SPD ist dabei zweifellos ein Höhepunkt im Vereinsleben.

 

Der Fokus wird bei der Preisvergabe auf sozial - demokratisches Engagement in Mittel – und Osteuropa gelegt, ganz in der Tradition der deutschen Sozialdemokratie, die bis heute über die eigene Ländergrenze hinaus wirkt. So verwundert es nicht, dass in diesem Jahr Frau Dr. Meglena Plugtschieva geehrt wird.

 

Doch nicht nur die Preisträgerin soll gewürdigt werden, wir wollen das Land aus dem sie kommt – in diesem Jahr ist es Bulgarien – der interessierten Öffentlichkeit durch eine Sonderausstellung zeitgenössischer bulgarischer Künstler näher vorstellen.

Dimo Kolibarov und Ivaylo Mirchev, beide Professoren an der Nationalen Kunstakademie in Sofia, sind auch in Deutschland keine Unbekannten. Ihre künstlerischen Arbeiten sind Bestandteil des Grafik-Museums Stiftung Schreiner in Bad Steben. Professor Wolfgang Schreiner, Sammler zeitgenössischer bulgarischer Kunst,  hat gemeinsam mit dem Bulgarischen Kulturinstitut diese Exposition für Gotha zusammengestellt.

Gezeigt werden Radierungen, Aquatinta, Lithografien und Aquarelle. Herzlichen Dank an dieser Stelle dem Bulgarischen Kulturinstitut, seiner Leiterin Frau Botschaftsrätin Oli Grueva und ihrem Mitarbeiter Herrn Dimen Stantchev, für die kollegiale und unkomplizierte Zusammenarbeit. 

 

Was kann schöner sein, Bulgarien über seine zeitgenössischen Künstler kennen zu lernen?

 

Diese Ausstellung spricht unsere Wissbegierde an, Ihr wunderbares Land näher kennen zu lernen oder ihm erneut zu begegnen; das wurde schon jetzt in vielen Gesprächen deutlich. Für mich ist dies – neben der Preisvergabe an Sie, sehr geehrte Frau Dr. Plugtschieva, - eines der wunderbarsten Ergebnisse: der freundschaftliche Austausch über Ländergrenzen hinweg.

 

Deshalb – noch einmal – herzlich willkommen in Deutschland, in Thüringen, in Gotha, hier im Tivoli!

 

Bevor ich meine Begrüßung beende, möchte mich bei der Kreismusikschule „Louis Spohr“ und ihrer wunderbaren Musikpädagogin Frau Fellmer bedanken. Die Musikschüler, die die heutige Veranstaltung umrahmen, sind zwischen 7 und 13 Jahre alt. Viele von den kleinen Künstlern nahmen an Landes- und Bundesausscheiden mit sehr guten Ergebnissen teil. Heute nun dürfen wir sie erleben.

 

Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.

 



Neuwahl des Vereinsvorstandes

Dem neuen Vorstand des Fördervereins Gothaer Tivoli gehören an: Karin Rehbein, Jörg Bischoff, Marlies Mikolajczak, Paul Rommel (1. Reihe v.l.) sowie Matthias Wenzel, Wolfgang Voigt und Revisor MdB a.D. Gerhard Neumann (2. Reihe v.r.).

"Der Rote Bock" 2010

Gothas Oberbürgermeister Knut Kreuch (li.) und der Thüringer SPD-Parteivorsitzende Christoph Matschie beglückwünschten Egon Bahr nach der Überreichung der Auszeichnung. Foto: Wenzel

Pressetext zur Preisverleihung und Vorstandswahl

Die vom Förderverein Gothaer Tivoli seit 2005 betreute gleichnamige Gedenkstätte hat in diesem Jahr bereits ein Vielzahl von hochrangigen Veranstaltungen erlebt. Es begann am 27. Januar mit dem 20-jährigen Gründungsjubiläum des SPD-Landesverbandes Thüringen. Es folgten die überaus gut besuchten Abende mit den beiden Brandt-Söhnen Peter und Lars. Anlässlich des 135. Jahrestages des Gothaer Vereinigungsparteitages organisierten das Thüringer Landesbüro der Friedrich Ebert Stiftung – zusammen mit dem Tivoliverein und dem Gothaer Verein KommPottPora – Ende Mai ein Diskussionsforum mit Professor Dr. Beatrix Bouvier als Gast-rednerin. Nur acht Tage später fand am 4. Juni ebenfalls im Historischen Saal die Festveranstaltung zur Verleihung der Auszeichnung „Der Rote Bock 2010“ an Professor Dr. Egon Bahr statt. Die seit 2008 jährlich ohne Dotierung verliehene Plakette gilt Menschen, die sich in besonderer Art und Weise in Süd-, Ost- und Mitteleuropa um den Frieden und die soziale Demokratie verdient gemacht haben. Namenspatron ist das Gothaer SPD-Urgestein Wilhelm Bock (1846-1931). Der Gothaer Schuh-macher gehörte zu den führenden Vertretern der 1875 in Gotha gegründeten Partei. Er war einer der ersten sozialdemokratischen Abgeordneten, der 1884 – noch während des Sozialistengesetzes unter Reichskanzler Bismarck – in den Deutschen Reichstag einzog. In den Jahren 1924 bis 1928 war er mehrmals sogar Alterspräsident des deutschen Parlaments gewesen. Der „Rote Bock“ ist eine Verneigung vor der Lebensleistung von Wilhelm Bock, der Zeit seines Lebens „ein Sohn des Volkes“ und seiner Wahlheimat Gotha war. Ideengeber und Stifter dieser Auszeichnung ist der sozialdemokratische Gothaer Oberbürger-meister Knut Kreuch. Gespräche beim SPD-Parteivorstand führten 2007 dazu, das Gothaer Tivoli, wo einst revolutionäre Ideen zur deutschen Arbeiterbewegung geboren worden sind, als Haus der europäischen Sozialdemokratie zu profilieren. Auf Vorschlag des SPD-Vorsitzenden wurde der Preis „Der Rote Bock“ 2008 erstmalig verliehen. Erster Preisträger war der ehemalige Ministerpräsident von Tschechien und Vorsitzende der tschechischen Sozialdemokraten, Jiří Paroubek. Andres Tarand, der engagierte Europapolitiker und ehemalige Ministerpräsident Estlands erhielt den Preis im Jahre 2009. Die diesjährige Preisverleihung an Egon Bahr sollte im 20. Jahr der deutschen Einheit den „Archi-tekten der Ostverträge“, mit dessen Namen das Motto „Wandel durch Annährung“ untrennbar ver-bunden ist und der somit als Wegbereiter der deutschen Einigung gilt, gewürdigt werden. Der 1922 im thüringischen Treffurt geborene Egon Bahr war vor 20 Jahren Zeitzeuge bei der Wiedergründung der Sozialdemokratischen Partei in Thüringen und des legendären Auftritts von Willy Brandt vor 100.000 Menschen auf dem Gothaer Hauptmarkt. Der Preisverleihung im bis auf den letzten Platz besetzten Tivolisaal wohnte neben dem Stifter auch der Parteivorsitzende und stellvertretende Thüringer Ministerpräsident Christoph Matschie bei. Der junge Sozialdemokrat Peter Leisner hielt eine allseits gelobte Laudatio, in der er seinen persönlichen Weg in die SPD schilderte. Vorbilder wie Egon Bahr spielten dabei eine große Rolle. Nach der Auszeichnung hielt der mittlerweile 88-Jährige keine Dankesrede, sondern berichtete im lockeren Erzählstil unter anderem über das Zustandekommen der so genannten Ostverträge, die 1970 in Moskau und Warschau unterzeichnet wurden. Keiner der Anwesenden wird diese kurzweilige Geschichtsstunde so schnell vergessen. Für den Tivoliverein war diese gelungene Veranstaltung eine Genugtuung und ein Ansporn für weitere Aktivitäten in dieser Art. Dazu trug auch die am Folgetag erfolgte Neuwahl des Vereinsvor-standes bei. Die bisherige amtierende Vorsitzende Marlies Mikolajczak wurde ebenso im Amt be-stätigt, wie Matthias Wenzel als Stellvertreter und Wolfgang Voigt als Schatzmeister. Neuer zweiter Stellvertreter ist der bisherige Beisitzer Jörg Bischoff. Neben fünf neuen Beisitzern verstärkt Karin Rehbein – die langjährige Betreuerin der Gedenkstätte – den Vorstand als Schriftführerin. Der Förderverein der Gedenkstätte würde sich nicht nur über noch mehr Gäste aus den Reihen der SPD freuen, sondern auch über weitere Mitstreiter, die die Vereinsarbeit – und damit die SPD-Gründungsstätte – aktiv als Vereinsmitglied oder auch als Mitglied des 2009 gegründeten Freundeskreises unterstützen wollen. Nähere Informationen finden sich auf der neu gestalteten Internet-seite www.tivoli-gotha.de.

 

Matthias Wenzel stellv. Vereinsvorsitzender